Die erste in der Schweiz angenommenen Volksinitiative stammt aus dem Jahr 1893. Es war eine einfach zu verstehende Vorlage, die auch heute wohl ohne grosse Diskussionen angenommen würde. Zur Abstimmung an jenem 20. August 1893 stand die Frage «Für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung». Gerne hätte ich hier die Argumente zu einem Nein gehört, obwohl ich vermute, dass es auch damals die gleichen wirtschaftlichen Argumente waren wie wir heute bei den meisten Initiativen von der Gegnerschaft hören. Zu teuer! Wer soll das Kontrollieren? Die Schweizer Bauern wären benachteiligt und so weiter und sofort.
Am 22. September stimmen wir über die Biodiversitätsinitiative ab. Auf den ersten Blick eine Vorlage, wo es imKernwohl keine logischeGegnerschaft geben sollte. Wer ist schon gegen Artenvielfalt und Schutz der Natur? Die Argumente eines Neins kommen wie immer aus der bis vor ein paar Jahren bewährten wirtschaftlichen Schatulle. Die Gegner argumentieren, dass die zusätzlichen Kosten zu hoch sind. Offensichtlich können wir uns eines der reichsten Länder der Welt diese zusätzlichen 400 Millionen nicht leisten. Im Weiteren wird argumentiert, dass die Wirtschaft benachteiligt werden könnte, das Bauwesen erschwert würde, die Landwirtschaft benachteiligt werden könnte und der Ausbau der erneuerbaren Energie beeinträchtigt würde. Diese Argumente werden praktisch bei jederInitiative vonden Gegnernverwendet, aber sie greifen nicht mehr so verlässlich wie früher. Fünf Wochen vor der Abstimmung ist eine knappe Mehrheit für die Initiative. Dies wird sich noch ändern, aber es wird mit Sicherheit eine knappe Geschichte. Ich persönlich muss zugeben, dass ich noch unentschlossen bin. Meine grüne Seite tendiert zu einem Ja, meine liberale Seite aber zu einem Nein. Die beiden KampagnenstartennuninKürze.Ichbingespannt, ob das Ja-Lager die die Bedenken der Unentschlossenen wie mich umkippen kann. Ich wünsche mir aber auch vom Nein-Lager und vom Bund mehr positive Signale.Ich befürchte, dass sich bei einem Nein für die nächsten Jahre nichts ändern wird. Ich hätte mir hier einen Gegenvorschlag vom Bund gewünscht.
Ich denke ein Ja wäre nicht der Weltuntergang, ein Nein für die Zukunft aber schon eher. Das Problem muss so schnell wie möglich adressiert werden.
Patrick Spreng, GLP