Dienstag, 15. Oktober 2024

Stefan W. Huber in der Kolumne Standpunkt zur Attraktivität im Kanton Zug

GLP-Gemeinderat Stefan W. Huber äussert sich zur Attraktivität des Kantons Zug

Zug, der Kanton der unbegrenzten Möglichkeiten und unbegrenzten Mieten. Unsere Attraktivität ist Fluch und Segen zugleich: Die sehr hohe Lebensqualität lockt Menschen und Unternehmen aus aller Welt an, die bereit sind, jeden Preis zu zahlen. Während die einen dies als Erfolgsgeschichte zelebrieren, verkünden andere bereits den Notstand. Statt zu Tode betrübt himmelhoch zu jauchzen, sollten wir einen genaueren Blick auf eine Situation werfen die genau so eine Herausforderung wie eine Chance ist. Doch das schaffen wir nur gemeinsam, indem wir Widersprüche anerkennen und beliebte Mantras hinter uns lassen.

 

Wir sind so attraktiv, dass die Nachfrage nach Wohnraum und Dienstleistungen immer neue Gipfel erklimmt. Doch wenn wir versuchen, diesen Gipfelsturm zu bremsen, indem wir unattraktiver werden, höhere Steuern einführen oder Dienstleistungen verschlechtern, zahlt am Ende der Mittelstand die grösste Zeche. Und dieser steht heute zwischen allen Stühlen.

 

Ein Teil des Mittelstandes hat sich hochgearbeitet. Er verdient nun gerade so viel, dass er keine Unterstützung mehr erhält, aber nicht genug, um die steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten zu decken. Der andere Teil kann seinen bisherigen Lebensstandard zwar noch halten, jedoch ohne Aussicht auf weitere Verbesserung. Der Erwerb von Wohneigentum oder Investitionen in die eigene Zukunft sind im Kanton Zug zur Glücks- und Erbsache geworden. Es ist paradox: Eine Leistungsgesellschaft, in der mehr Arbeit und Verantwortung zu weniger verfügbarem Einkommen führen.

 

Wir erwarten von der Politik Lösungen für Probleme, die nicht endgültig gelöst werden können. Es braucht Weg und Ziele statt Wünsche und Ideale. Statt dem Ideal des alten dörflichen Zugs nachzutrauern oder die globale Wohlstandsmetropole herbeizureden, sollten wir uns fragen, welches Ziel wir als Gemeinschaft verfolgen wollen und welche Unannehmlichkeiten wir bereit sind dafür zu ertragen.

 

Wir haben heute noch die Ressourcen, unsere Zukunft zu gestalten. Unsere Steuern sind so niedrig, dass sich kaum jemand ernsthaft darüber beschweren könnte. Unsere Überschüsse sind so gross, dass es andere neidisch macht. Aber anstatt einen Plan zu haben, wie wir diese Überschüsse sinnvoll in die Zukunft investieren, bleibt die Diskussion bei der Steuerschraube. Warum nutzen wir diese Chance nicht jetzt, um umzudenken?

 

Bei preisgünstigen aka kostendeckende Wohnungsmieten verzerrt das aktuelle Konzept der Objektfinanzierung den Markt. Vor allem beschränkt es das Angebot an verfügbaren Wohnungen für den Mittelstand stark. Gleichzeitig führt die starke Regulierung des Immobilienmarktes dazu, dass dieser auch sonst kaum eine passende Wohnung finden kann. Verfügbar sind nur Wohnungen mit unerschwinglichen Mieten. Ein Wechsel zur Subjektfinanzierung könnte hier dem Mittelstand langfristig eine Perspektive bieten. Eine Liberalisierung des Immobilienmarktes könnte das Problem weiter entschärfen: höhere Bebauung, weniger Bürokratie, mehr Freiheit bei Bauvorhaben. So schaffen wir langfristig bezahlbaren Wohnraum und halten den Mittelstand im Kanton.

 

Heute geht wer es nicht leisten kann. Doch eines Tages werden diejenigen gehen, die es sich leisten können. Und dann werden wir heidenfroh sein, dass heute jene geblieben sind, die es sich aufgrund ihres sozialen Aufstiegs kaum mehr leisten konnten. Wenn der Wohlstand nicht mehr wie bisher sprudelt, ziehen die Reichen als Erste weiter, während der Mittelstand das Rückgrat bildet und den Wohlstand im Kanton aufrechterhält. Wenn weniger Menschen bereit sein, jeden Preis für einen Wohnsitz in Zug zu zahlen, werden sich auch die Immobilienpreise entspannen. Dann wird es für den Mittelstand wieder möglich, trotz höherer Steuern eine Wohnung zu mieten oder – wer weiss – sogar Wohneigentum zu erwerben. Man darf ja noch träumen!