Mittwoch, 23. Oktober 2024

Die sinnwidrige Atomdiskussion gefährdet unsere Energiezukunft

Ende August kommunizierte Bundesrat Albert Rösti, dass die Landesregierung die Aufhebung des bestehenden AKW-Neubauverbotes im Rah­men eines Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Blackout stoppen» prüfe. Seit diesem Entscheid gewinnt die Diskussion rund um das Bauverbot an Boden und die Be­für­wortenden der Atomkraft-Rehabilitierung werden immer lauter. Doch diese Debatte ist in keiner Hinsicht zielführend. Denn ein Ausbau der Kernkraft ist aktuell weder sinnvoll noch realistisch.

 

Erstens sind die Kosten für den Bau neuer Atomkraftwerke enorm hoch. Gemäss Axpo CEO, Christoph Brand, ist die Wirtschaftlichkeit neuer Kern­kraftwerke in der Schweiz nicht gegeben. Die Stromgestehungskosten eines Kernkraftwerkes sind deutlich höher als die einer Solar- oder Windanlage. Einzig ein noch nie da­gewesenes Subventionspaket würde die Stromkon­zerne zum Bau neuer Werke verleiten. Das wissen auch die AKW-­Befürwortenden. Das Geld wollen sie dem jährlich mit 1,3 Milliarden Franken bestückten Fonds für den Ausbau der erneuer­baren Energien entnehmen. Und dies, obwohl sich das Volk mit der Annahme des Strom­ge­setzes erst kürzlich für deren Ausbau aussprach. Wenn man bedenkt, dass ein neues Kraftwerk bis zu 20 Milliarden Franken kostet, dürfte dann wohl kaum etwas für die Erneuerbaren übrig bleiben.

 

Zweitens rechnet man heut­zutage mit mehreren Jahrzehnten für die Planung und den Bau eines neuen Atomkraftwerkes. Neue Kernkraftwerke können demnach gar nicht genügend früh einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Das Risiko, dass sich die politische und gesellschaftliche Meinung während der Projektrealisierung wieder verändert, ist dadurch ebenfalls sehr hoch. Neben dem Kostenpunkt zeigen grosse Stromkonzerne auch wegen dieser mangelnden Planungssicherheit kein Interesse für Ausbaupläne.

 

Weitere Argumente gegen den Ausbau der Atomenergie sind zahlreich. Sie reichen vom fehlenden Endlager und dem Risiko einer Atomkata­strophe über die Abhängigkeit von nicht er­neuerbarem Uran bis hin zur mangelhaften Vereinbarkeit des nicht fle­xibel steuerbaren Atomstroms mit dem zukünftigen Energiemix der Schweiz.

 

Der Bau neuer Kernkraft­werke ist aktuell realitätsfern. Daher ergibt auch die Dis­kussion um die Aufhebung des Tech­nologieverbotes keinerlei Sinn. Das 2017 vom Volk beschlos­sene Nein zu neuen Atomkraftwerken gilt es erst zu überdenken, wenn die Technologie der Kernfusion spruchreif und der Bau neuer Atomkraftwerke wieder lukrativ ist. Bis dahin lenkt die Debatte vom wirklich Wichtigen ab – dem dringlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Denn die Technologieverbotsdiskussion ver­einnahmt den Raum, den es bräuchte, um die mittler­weile skalierbaren Erneuerbaren zu fördern.

 

Die Schweiz gehört beim Aus­bau der Sonnen- und Windenergie noch immer zu den Schlusslichtern in Europa. Atom-Nostalgiker sorgen da­für, dass dies so bleibt. Das ist inakzeptabel und verantwortungslos. Denn un­sere zukünftige Versor­gungs­sicherheit muss Priorität vor rein parteistrate­gischen Interessen haben.

 

Elaine Schnider, Mitglied JGLP Kanton Zug, Co-Präsidentin der GLP Cham