Fata Morgana in der Zuger Wohnpolitik
Eine Fata Morgana ist ein optisches Phänomen: Plötzlich tauchen in der Ferne Objekte wie Städte oder Oasen auf, die sich bei näherem Hinsehen als Trugbilder entpuppen. Besonders in heissen und trockenen Regionen können solche Luftspiegelungen entstehen. Geografisch gesehen sind wir zwar weit entfernt von der Wüste, doch wohnpolitisch stellen sich viele Zugerinnen und Zuger die Frage, ob freie Wohnungen in Zug nicht zumindest eine bauliche Fata Morgana sind.
Dabei kann man der Regierung keine Untätigkeit vorwerfen. Die kürzlich verabschiedete wohnpolitische Strategie skizziert Massnahmen, die mehr Wohnungen für die einheimische Bevölkerung schaffen sollen. Als ohnehin bereits attraktiver Standort sollen die neu geschaffenen Wohnungen jedoch nicht wie eine Oase in der Wüste weitere Zuzüger anlocken, sondern vor allem der bestehenden Bevölkerung zugutekommen.
Die Massnahmen weisen zwar in die richtige Richtung: Vereinfachung der Bauvorschriften, Ausbau von Darlehen für gemeinnützige Bauträgerschaften oder die Möglichkeit zur Aufstockung bestehender Wohnungen. Doch an mancher Stelle hätte man sich noch etwas mehr Mut gewünscht. Warum nicht die Ausnützungsziffer, die definiert, wie viel der verfügbaren Fläche bebaut werden darf, abschaffen – so wie es beispielsweise der Kanton St. Gallen vorgemacht hat? Dies könnte der viel gepriesenen, aber selten realisierten Verdichtung nach innen endlich den nötigen Schub verleihen.
Auch der Kantonsrat hat das Thema Bauvorschriften und Wohnungsnot in seiner Novembersitzung aufgegriffen und über zwölf verschiedene Vorstösse debattiert. Doch eines haben all diese Vorstösse gemeinsam: Sie versprechen keine schnellen Lösungen.
Immerhin hat der Kantonsrat diverse Anpassungen des Bau- und Planungsgesetzes angestossen, die langfristig die Bautätigkeit fördern, Bauvorhaben vereinfachen und die finanzielle Unterstützung von Haushalten ausweiten sollen. Aber sind wir ehrlich – wer akut eine Wohnung sucht, für den sind solche langfristigen Perspektiven etwa so hilfreich wie ein Regenschirm in der Wüste.
Joëlle Gautier
Kantonsrätin GLP